Trauer
Trauer braucht Zeit.
Was Cicero in dem folgenden Zitat allgemein über die Krankheiten und Leiden der Seele sagt, gilt auch für die Trauer, die von den Denkern der Antike zu den „Krankheiten der Seele“ gezählt wurde, wenn sie das rechte Maß überschreitet:
„Man muss sich jedoch bei den Krankheiten der Seele nicht weniger Zeit lassen als bei denen des Leibes. So wie etwa jener Prometheus des Aischylos, der, als ihm gesagt wurde: ‚Aber, Prometheus, ich denke, du weißt dies, dass die Überlegung den Zorn heilen kann’, antwortete: ‚Gewiss, aber nur bei einem, der das Heilmittel zur rechten Zeit anwendet und nicht mit der Hand die Wunde aufreißt und sie noch schlimmer macht.’“
Cicero zitiert hier aus einer Tragödie des Aischylos. In der Formulierung „die Überlegung kann den Zorn heilen“ kommt ein allgemeiner Gedanke der antiken therapeutischen Philosophie zum Ausdruck: dass wir uns durch (philosophisches) Denken von leidvollen Affekten wie Zorn, Angst, Neid, Eifersucht, Hass, Gier usw. befreien können. Das gilt auch für übermäßige Trauer. Sie will tief durchlitten und erlebt werden, aber mit dem Ziel der inneren Heilung, Befriedung und letztlich auch der Überwindung. Dass „das Heilmittel zur rechten Zeit“ angewendet werden muss, ist ein Hinweis darauf, dass die therapeutische Philosophie keine Akutmedizin ist, sondern vor allem prophylaktisch wirkt. So vermeiden wir maßloses Trauern beispielsweise, wenn wir uns rechtzeitig mit Tod und Vergänglichkeit vertraut machen und nicht beides ständig verdrängen.
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