Gewohnheit
Durch Gewöhnung nehmen wir Einfluss auf unsere unbewussten Seelenteile.
Eine äußerst bemerkenswerte Stelle zu der Frage, wie wir durch Übung und Gewöhnung Einfluss auf unsere unbewussten Denk- und Verhaltensmuster nehmen können, finden wir bei dem bedeutenden griechischen Philosophen Poseidonios, einem Vertreter der Stoa:
„Da kommt es ihr (der Denkkraft) zu, nunmehr wie ein Wagenlenker das Gespann der zusammen aufgewachsenen Rosse, der Begierde und des Gefühls, zu regieren und zu beherrschen. Sie sollen weder zu stark noch zu schwach, weder zu langsam noch zu stürmisch, nicht unfolgsam, zügellos und übermütig, sondern willig werden, in allem dem vernünftigen Denken zu folgen und zu gehorchen. Die Erziehung hierzu und die sittliche Tüchtigkeit (Weisheit, Tugend) beruht auf der Erkenntnis der Natur der Dinge wie die des Wagenlenkers auf der Theorie des Wagenlenkens. Denn in den unvernünftigen Kräften der Seele kann kein Wissen entstehen, sowenig als in den Rossen, sondern diesen wird die Ihnen eigene Tüchtigkeit durch eine Art unbewusster Gewöhnung zuteil, dem Wagenlenker dagegen durch vernünftige Belehrung.“
Besonders der letzte Satz zeigt, dass das griechisch-römische Denken sehr wohl wusste, dass unser Verhalten im hohen Maße von unbewussten Trieben und Emotionen gesteuert wird. So reicht die Einsicht in das, was uns guttut, keineswegs aus, es auch zu tun. Wir müssen Einfluss auf unsere Gefühle und das Unbewusste nehmen. Dies geschieht durch kontinuierliches Einüben einer wohltuenden Denk- und Verhaltensweise, aus der eine Gewohnheit und innere Haltung erwächst. Das Bild der Seele als ein Pferdegespann mit der Vernunft als Wagenlenker und den unbewussten Triebkräften als Rosse hat Poseidonios von Platon übernommen. Ganz unabhängig davon findet es sich auch in alten indischen und chinesischen Texten.
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Nutzen Sie die täglichen "Worte der Weisheit", um fünf Minuten Atem und Geist zu beruhigen, still zu werden und sich auf das Wesentliche Ihres Lebens zu konzentrieren.